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Mitbestimmen, mitgestalten, mitverändern – Wie Kinder und Jugendliche die Mönchengladbacher Bildungslandschaft mitgestalten

Wie gelingt es, junge Menschen für gesellschaftliche Themen zu begeistern und sie zur aktiven Mitgestaltung zu motivieren? Welche Rolle spielen Bildungsakteur:innen dabei, und wie werden die gewonnenen Erkenntnisse nachhaltig in die kommunale Bildungsplanung integriert? Diese und weitere Fragen stehen im Mittelpunkt des Interviews mit dem Team “Bildungskommunen” in Mönchengladbach.

Seit Oktober 2023 ist die Stadt Mönchengladbach nun im Förderprogramm Bildungskommunen. Wie würden Sie die bisherigen Fortschritte beschreiben und was möchten Sie auf jeden Fall noch erreichen?

Im Projekt Bildungskommune liegt unser Fokus auf der strukturellen Verankerung von Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) in der kommunalen Bildungslandschaft. Unsere Vision ist es, „Bildungsgerechtigkeit nachhaltig zu verankern – Lebenslanges Lernen gemeinsam zu gestalten“. 

Um diese strukturelle Verankerung zu erreichen, führen wir dreimal jährlich mit Vertreter*innen aus schulischen und außerschulischen Bildungseinrichtungen sowie Akteur*innen zivilgesellschaftlicher Initiativen einen Fachaustausch BNE und MINT / Digitale Bildung durch. Die Verknüpfung dieser Querschnittsthemen spiegelt zum einen aktuelle Schwerpunktsetzungen der kommunalen Bildungsarbeit wider, zum anderen erwarten wir von dieser Verschränkung zahlreiche inhaltliche Anknüpfungsmöglichkeiten und Synergien und schließlich wollen wir hierdurch den ganzheitlichen und interdisziplinären Ansatz ganz im Sinne des Lebenslangen Lernens fördern. Der Fachaustausch hat zum Ziel, gemeinsam mit den Teilnehmenden konkrete Bedarfe zu identifizieren und entsprechende Aktivitäten im Kontext der BNE zu bündeln und weiterzuentwickeln. Des Weiteren dient er der Vernetzung der Teilnehmenden und dem Austausch von Good-Practice-Beispielen. 

Ein weiterer großer Meilenstein steht uns in diesem Jahr bevor: Im Juli 2025 werden wir den Fachtag Lebenslanges Lernen mit den thematischen Schwerpunkten BNE und Digitale Bildung durchführen. Der Fachtag dient als Auftakt für die Weiterarbeit in (thematisch konkreteren) Unterarbeitsgruppen und richtet sich im ersten Schritt an die Leitungsebene schulischer wie auch außerschulischer Bildungseinrichtungen, die entlang der Bildungskette verortet sind. 

Durch den Fachtag und die geplante Weiterarbeit in den Unterarbeitsgruppen wollen wir die strategische Ebene der Mönchengladbacher Bildungslandschaft für die beiden Schwerpunktthemen BNE und Digitale Bildung gewinnen und so die Verankerung der Bereiche BNE und Digitale Bildung in der Kommune voranbringen. Ein Schwerpunkt wird auf der Entwicklung und Durchführung generationsübergreifender Angebote im Kontext von BNE und Digitaler Bildung entlang der gesamten Bildungskette liegen. 

Weitere Fortschritte haben wir im Bereich des Bildungsmonitorings und der Schulentwicklungsplanung (SEP) gemacht. Derzeit wird der erste Schulentwicklungsplan für die Berufskollegs in Mönchengladbach erarbeitet. Neben der Beschreibung und Analyse der Entwicklungen im Bereich der Berufskollegs hat der SEP das Ziel, Berufe herauszuarbeiten, die zukünftig von steigender Bedeutung sein werden und die Verankerung von BNE in ausgewählten Ausbildungsgängen zu untersuchen. 
Des Weiteren wird derzeit zur Weiterentwicklung des DKBM mit dem Team Datenmanagement und Statistik hinsichtlich des Aufbaus einer dezernatsübergreifenden Datenbank (Data-Warehouse) gearbeitet. Durch die zentrale Datensicherung wird nicht nur die Datensicherheit erhöht, sondern auch datengestützte Prozesse effizienter gestaltet. Ein Anwendungsfall im Rahmen des Projekts, der von den Vorzügen eines Data-Warehouse profitieren würde, ist die Entwicklung eines schulscharfen Sozialindex. Zur Bildung eines stichhaltigen Sozialindex ist die Verschneidung von Daten aus mehreren Verwaltungsbereichen notwendig, was durch Einsatz eines Data-Warehouse ressourcenschonender umsetzbar wäre. 

Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt liegt auf der Entwicklung eines Dashboards zur deskriptiven Analyse und Visualisierung bildungsrelevanter Daten (u. a. amtliche Schuldaten), das zunächst verwaltungsintern, später ggf. auch öffentlich zugänglich sein soll. Hierdurch wird das Bildungsmonitoring entlastet, da eine Vielzahl von Serviceanfragen zukünftig eigenständig von den Interessierten beantwortet werden können. 
 

Das Förderprogramm Bildungskommunen setzt bei der Gestaltung von kommunalen Bildungslandschaften auf partizipative Prozesse. Welche konkreten Möglichkeiten haben Bürger:innen, Kinder und Jugendliche in Mönchengladbach, um sich aktiv einzubringen? 

Die kommunale Bildungslandschaft in Mönchengladbach lebt die Vision „Bildung gemeinsam gerecht gestalten“. Dieser Vision folgend hat das dezernatsübergreifende Team „Integrierte Bildungsplanung“ (Teil des Regionalen Bildungsbüros in Zusammenarbeit mit der Jugendhilfeplanung) ein partizipatives Format für die Zielgruppen der kommunalen Bildungslandschaft entwickelt und 2021 zum ersten Mal umgesetzt. Pandemiebedingt fanden diese damals digital statt. Die Mönchengladbacher Bildungsgespräche sollen ein Forum für die bildungspolitischen Themen, Anliegen und Bedarfe der Mönchengladbacher Stadtgesellschaft sein. 

Die Bildungsgespräche sind das Äquivalent zur Bildungskonferenz. Bildungskonferenzen sind regelmäßig stattfindende Formate, die im Verantwortungsbereich der Regionalen Bildungsbüros liegen. Die Akteur*innen der Bildungslandschaft werden beteiligt und treffen Verabredungen zu Bildungszielen, Prioritäten und gemeinsamen Handlungsfeldern. Es findet eine Vernetzung der Bildungsakteur*innen statt und diese werden über aktuelle bildungspolitische Themen informiert. 

Die Bildungsgespräche wiederum möchten die Bürger*innen Mönchengladbachs – Erwachsene, aber auch Kinder und Jugendliche – in Bildungsfragen direkt adressieren, mit ihnen ins Gespräch kommen, ihre Bedarfe erfassen und so Partizipation ermöglichen.  
 

Beschreiben Sie die Mönchengladbacher Bildungsgespräche noch ein bisschen genauer? Wer ist daran beteiligt, und welche Themen stehen im Fokus?

Die Mönchengladbacher Bildungsgespräche 2024 fokussierten sich auf den Teilnehmer*innenkreis der Kinder und Jugendlichen. Im Sinne der Partizipation wirkte die Zielgruppe bereits von Beginn an der Planung der Bildungsgespräche mit.

Die Planung erfolgte von Februar bis Dezember 2024 durch eine Planungsgruppe. Diese bestand aus Kindern und Jugendlichen, dem Bildungsmanagement Integrierte Bildungsplanung, der Koordination der kommunalen Präventionskette, des Bildungsmanagements des Projekts Bildungskommune sowie Fach- und Lehrkräften aus Kita, Schulen und offener Kinder- und Jugendarbeit.

Das Thema BNE und die 17 Nachhaltigkeitsziele (SDGs) der Agenda 2030 standen im Fokus. Die Kinder und Jugendlichen der Planungsgruppe hatten im Vorfeld vier SDGs (Keine Armut – Geschlechtergleichheit – Weniger Ungleichheiten – Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen) ausgewählt, die wiederum bei den Bildungsgesprächen im Dezember allen teilnehmenden Kindern und Jugendlichen zur Wahl standen. 

Die Veranstaltung fand am 4. Dezember 2024, unter der Teilnahme von 59 Kindern und Jugendlichen im Alter von fünf bis 23 Jahren, in der Mönchengladbacher Zentralbibliothek statt. Die Kinder und Jugendlichen fanden sich in vier Altersgruppen zusammen. In diesen vier Gruppen wurden Workshops zu den vier oben genannten Zielen durchgeführt, in denen die Kinder und Jugendlichen in ihrem Meinungsfindungsprozess unterstützt und begleitet wurden. 

Die beteiligten Fachkräfte legten – nicht zuletzt bei der Gruppe der Kita-Kinder, in der unter Einbeziehung von Spielzeug wie z.B. Handpuppen oder Playmobil die abstrakten Themen veranschaulicht wurden – viel Kreativität an den Tag. Jede Gruppe setzte sich auf ihre eigene, altersgerechte Art und Weise intensiv mit den vier Nachhaltigkeitszielen auseinander. Es wurde sehr deutlich, dass schon die Kleinsten bspw. zum Thema Armut viel beizutragen haben, dass ihnen gesellschaftliche Problematiken durchaus bewusst und dass diese für sie greifbar sind (Stichwort Obdachlosigkeit, fehlende Brotdosen beim gemeinsamen Frühstück in der Kita oder Schule etc.). Bei der älteren Zielgruppe wurde schnell deutlich, wie wichtig den Jugendlichen die Gestaltung ihrer eigenen Zukunft ist und wie intensiv sich die jungen Menschen in der Stadt Mönchengladbach mit gesellschaftsrelevanten Fragen auseinandersetzen.

Die Entscheidung, welches der vier vorausgewählten SDGs im Jahr 2025 im Fokus aller Bildungseinrichtungen stehen soll, wurde in geheimer Wahl getroffen: In Original-Wahlkabinen und -Wahlurnen der Abteilung Wahlen der Stadt Mönchengladbach konnten die Kinder und Jugendlichen ihre Stimme abgeben. Die Wahl fiel schließlich auf das Nachhaltigkeitsziel 1 – Keine Armut. 
 

Wie schaffen Sie es, die Kinder und Jugendlichen dafür zu begeistern, mitzumachen und ihre Perspektive einzubringen? 

Wie schon gesagt: Ohne unsere engagierten Kolleg*innen aus den schulischen und außerschulischen Bildungseinrichtungen wäre die Umsetzung der Bildungsgespräche gar nicht möglich gewesen. Die Kolleg*innen waren die Brücke zu den Kindern und Jugendlichen. Sie haben die interessierten Kinder und Jugendlichen angesprochen und deren Teilnahme an den Planungstreffen und dann schließlich an den Bildungsgesprächen am 04.12.2024 organisatorisch betreut. Sie waren somit wichtige Multiplikator*innen für unser Vorhaben. 

Ein wesentliches Anliegen war und ist es uns, den Kindern und Jugendlichen auf Augenhöhe und wertschätzend zu begegnen: Sie stimmten über wichtige inhaltlich-gestalterische Aspekte der Bildungsgespräche ab – so z.B. die Form der (geheimen) Wahl, der Vorauswahl der Ziele und die Beschäftigungsmöglichkeiten bei den Bildungsgesprächen –, und die so getroffenen Entscheidungen wurden dann entsprechend umgesetzt. Wir denken, dass diese Erfahrung der eigenen Selbstwirksamkeit („Ich werde gehört“, „Meine Stimme zählt“ und „Ich kann mich aktiv einbringen“) wichtige und sehr motivierende Momente für die Kinder und Jugendlichen waren. Sie erlebten – ganz im Sinne des Grundgedankens der BNE –, dass ihre Meinung einen Wert hat, dass sie aktiv Einfluss auf die Gestaltung ihrer eigenen und der gesellschaftlichen Zukunft nehmen und damit Verantwortung übernehmen können. 

Das durchgängige Abfragen und Einbinden der Perspektive der Zielgruppe sowie die konsequente Umsetzung ihrer Entscheidungen waren neben der Unterstützung des Verwaltungsvorstandes – sowohl der Oberbürgermeister als auch die Beigeordnete für Bildung, Kultur und Sport nahmen teil und wurden von den Kindern und Jugendlichen interviewt – unserer Einschätzung nach ein ganz wesentlicher Erfolgsfaktor der Veranstaltung. 
 

Wie werden die Erkenntnisse und Ergebnisse aus den Bildungsgesprächen in die kommunale Bildungsplanung integriert?

Das ausgewählte Nachhaltigkeitsziel „Keine Armut“ wird im Jahr 2025 von den formalen und non-formalen Bildungseinrichtungen in vielfältiger Weise bearbeitet und umgesetzt werden. Damit einhergehen soll eine Auseinandersetzung mit dem Thema Bildung für Nachhaltige Entwicklung. 

Wir, das Team Bildungskommune, werden die Weiterarbeit an dem Thema durch verschiedene Angebote – Fortbildungen, Material- und Methodenempfehlungen, Beratung, einen Wettbewerb (geplant) – unterstützen. Uns ist eine Umsetzung auf operativer Ebene sehr wichtig und dies werden wir durch unsere Präsenz in den verschiedenen Austausch- und Vernetzungsformaten zusätzlich befördern. 
 

Wie möchten Sie sicherstellen, dass die im Rahmen des Förderprogramms entwickelten Ansätze auch über die Laufzeit hinaus nachhaltig in Mönchengladbach wirken?

Wir arbeiten daran, BNE fest in den Konzeptionen und der täglichen Arbeit der Bildungseinrichtungen der kommunalen Bildungslandschaft zu verankern. Unser Ziel ist es, Mitarbeitende in den verschiedenen Bildungseinrichtungen dazu zu befähigen, BNE in ihre tägliche Arbeit zu integrieren, dass sie also bestehende Angebote mithilfe der „BNE-Brille“ betrachten und diese um Aspekte von BNE erweitern. Deshalb legen wir derzeit einen großen Fokus darauf, Fachkräfte zu qualifizieren und BNE-Akteur*innen zu vernetzen sowie BNE-Angebote zu bündeln und transparent zu machen. Durch den Fachtag Lebenslanges Lernen wollen wir außerdem erreichen, dass die strategischen Ebenen der Bildungseinrichtungen das Thema BNE als wichtig erachtet und dieses somit über das Förderprogramm hinaus Bestand haben wird. Generell hoffen wir, durch die erwähnten Maßnahmen eine nachhaltige Wirksamkeit unserer bisherigen und noch anstehenden Arbeit zu erreichen. 

Die Arbeiten des Bildungsmonitorings und der Schulentwicklungsplanung sind so ausgerichtet, dass sie über die Projektlaufzeit hinweg genutzt werden können. Neben einer Effizienzsteigerung durch Automatisierungsprozesse bei der Berichterstellung wird auch eine Qualitätssteigerung durch multivariate Analysen im Rahmen des Projekts umgesetzt. Die enge Vernetzung mit lokalen Akteur*innen, der interkommunale Austausch und die Unterstützung durch die Regionalen Entwicklungsagentur NRW sichern zudem den Wissenstransfer und die Fortführung erfolgreicher Ansätze.

 

Stadt Mönchengladbach

Mönchengladbach ist eine kreisfreie deutsche Großstadt im Westen Nordrhein-Westfalens. Die als Oberzentrum eingestufte Stadt liegt im Regierungsbezirk Düsseldorf, sie ist außerdem Teil der Metropolregion Rhein-Ruhr.

Einwohner:innenzahl:
267.667 (31. Dez.2023)

Regierungsbezirk:
Düsseldorf

Bildungskommune seit:
Oktober 2023

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